Der polnische Grenzzaun im Gebiet von Belowescher Urwald (Belowezhskaja Puschtscha) hat sowohl direkte (einstufige) als auch spätere (langfristige) negative Wirkung auf die einzigartigen Ökosysteme des grenzüberschreitenden UNESCO-Welterbes. Dieses Statement hat Alexander Owsej, stellvertretender Generaldirektor des Nationalparks "Belovezhskaja Puschtscha", während einer erweiterten Sitzung des Öffentlichen Koordinierungsrates für Ökologie (ECOC) des Ministeriums für Naturressourcen und Umweltschutz abgegeben.
Auf der Sitzung unter dem Vorsitz des Ministers für Naturressourcen und Umweltschutz Andrej Chudyk im Nationalpark wurden aktuelle Probleme bezogen auf den von Polen im Belowescher Urwald errichteten Zaun erörtert. Der 5,5 Meter hohe Zaun aus Metall und Beton, der sich auf einer Länge von fast 60 Kilometern durch den Wald zieht, wurde im vergangenen Jahr von den polnischen Behörden errichtet. Etwa 7 Tausend Kubikmeter Boden wurden für den Baubedarf abgetragen. Etwa 2,62 Hektar Waldplantagen mit einem Stammholzvolumen von mehr als 700 Kubikmetern wurden im Schutzgebiet abgeholzt. Mindestens 1,1 Tausend große Bäume wurden beschädigt.
"Der Zaun ist ein kapitales Bauwerk, das fast allen nicht fliegenden Tierarten die Möglichkeit der Wanderung versperrt. Unter Berücksichtigung der Daten zu den technischen Merkmalen des errichteten Zauns, der Art und des Umfangs der erbrachten Leistungen kann man die folgenden (langfristigen) negativen Auswirkungen auf die Naturkomplexe feststellen: die Sperren auf Wanderrouten der Tiere und die Verarmung der Genbank ihrer Populationen, Störungen des hydrologischen Regimes und der natürlichen Vorgänge", sagte Alexander Owsej.
Ihm zufolge seien die Fehler der polnischen Seite bei der Organisation des Regulierungssystems der Migration von Wildtieren offensichtlich. "Im Zaun sind 24 Tore für den Durchgang der Tiere auf 186 Kilometern der Gesamtastrecke der belarussisch-polnischen Grenze vorgesehen. Aber für so ein Waldgebiet wäre das die Mindestdichte, solche Tore alle 1-2 Kilometer zu installieren, d.h. mindestens 30-60 Tore nur innerhalb des Urwaldes. Darüber hinaus gibt es keine Vorschriften für den Betrieb von Schranken. Die Schrankenanlage verfügt auch über 100 Serviceschranken. Bislang sind alle diese Anlagen in der Regel geschlossen. Jedes 5 Meter lange Zaunfeld hat zwei 10 Zentimeter große Löcher, durch die Nagetiere, Amphibien und Reptilien wandern können. Wegen des geringen Durchmessers werden sie schnell durch Blätter, Äste oder Erde verstopft. Die Bewegung von Säugetieren in der Größe eines Fuchses, Dachses oder Hasen durch diese Durchgänge ist unmöglich", so der stellvertretende Generaldirektor des Nationalparks.
Trotz der Aussagen der polnischen Seite (über das Fehlen des Zauns in den Sumpf- und Flussgebieten) wurden physische Barriere an den wichtigen wandernden Feuchtgebietsadern des Belowescher Urwalds - den Flüssen Narewka und Pravaja Lesnaja - errichtet. Infolge des Aufstaus des Grenzstreifens ist zu erwarten, dass der Grundwasserspiegel in Zukunft ansteigt und Holzbestände in der Zone des direkten Einflusses und der Degradierung von Feuchtgebieten höchstwahrscheinlich absterben. Generell führt die Veränderung des hydrologischen Regimes zum Verlust einer Reihe von Gebieten, die für die Erhaltung der biologischen Vielfalt von außerordentlicher Bedeutung sind, vor allem gilt das für weltweit bedrohte Vogelarten (Schwarzstorch, Segge, Schreiadler und andere).
Darüber hinaus trägt das Militarisieren der Grenzregion durch Polen, die verstärkte Bewegung von Militärpersonal und -fahrzeugen nach Ansicht belarussischer Wissenschaftler zu einer noch stärkeren Fragmentierung des Reliktwaldes, Degradierung geschützter Biotope, Invasion gebietsfremder Pflanzen, Verschmutzung durch Haushalts- und Bauabfälle, chemische Inhaltsstoffe von Reinigungsmitteln sowie zu übermäßigen Lärm- und Lichtpegeln bei.
"In der weltweiten Praxis hat sich wiederholt die Regel bestätigt, dass Grenzzäune kein wirksames Mittel zur Abschreckung illegaler menschlicher Migration seien, sondern nur die Durchlässigkeit der Grenzen für wild lebende Tiere verschlimmern und schädliche Umweltfolgen verursachen. Sollte Polen seinen Standpunkt zur Zweckmäßigkeit des Zauns ändern, kann er ohne negative Folgen für die Natur vollständig nicht abgebaut werden, aber in Zukunft wäre es möglich, langfristige negative umweltschädliche Auswirkungen bis zu einem gewissen Grad zu minimieren", sagte der stellvertretende Generaldirektor des Nationalparks abschließend.
Die Sitzung erfolgte am Vorabend der Volksabstimmung in Polen über die Frage "Unterstützen Sie die Beseitigung der Grenzbarriere zwischen der Republik Polen und der Republik Belarus?“ Um ein möglichst großes Publikum zu erreichen, wurde eine Online-Übertragung der Sitzung organisiert. Mehr als 200 Personen nahmen an der Online-Veranstaltung teil - Umweltschützer, Öko-Aktivisten (auch ausländische), Meinungsführer und Behördenvertreter. Die Teilnehmer äußerten die Hoffnung, dass das bestehende Problem die polnischen Bürger ernsthaft beschäftigt und sie sich für die Beseitigung der Grenzbarriere und Aufnahme eines konstruktiven Dialogs mit der belarussischen Seite im Hinblick auf die Erhaltung des Urwaldes vom Weltrang entscheiden würden.
FM-Sender und –Frequenzen:
Rakitniza - 106.2 MHz
Grodna - 95.7 MHz
Swislatsch - 104.4 MHz
Geraneni - 99.9 MHz
Braslaŭ - 106.6 MHz
Mjadsel’ - 102.0 MHz